Aus der Praxis

Kampfmittelfrei bauen

Torsten Wachenbrunner, Verantwortlicher Mitarbeiter Weiterbildung, Bildungswerk BAU Hessen-Thüringen

78 Jahre nach Kriegsende lauern in Städten und Ballungsgebieten immer noch beträchtlich viele Blindgänger – Kampfmittel die im Bombenkrieg des zweiten Weltkrieges auf Deutschland niedergingen und bisher unentdeckt blieben. Jedes Jahr sind Verletzte und Tote durch zufällige Detonationen zu beklagen. Gerade bei Bauarbeiten eine große Gefahr. Daher ist die Kampfmittelfreiheit bei Planung und Bau unbedingt von Bedeutung. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Zeitdruck, finanzielle Erwägungen und Unkenntnis in vielen Fällen der notwendigen Vorsicht entgegenstehen. Hier geht es um die Einsicht, wirtschaftliche Risiken durch Baustillstände, Evakuierungen, Bauwerks- und sonstige Schäden zu vermeiden. Staatliche Vorgaben, wie z. B. das Bauordnungsrecht oder Landesbauordnungen sowie Zivilrechtliche- und Strafrechtliche Vorgaben sind hierbei zu beachten.

So sehen wir es als notwendig an, für die Kampfmittelfreiheit zu sensibilisieren. Somit ist das auch ein wichtiges Thema in der Ausbildung zum Baugeräteführer und in den Weiterbildungslehrgängen z. B. „Geprüfter Bagger- und Laderfahrer“ im Bildungswerk Bau Hessen-Thüringen e. V., AFZ Walldorf.

Weitere Hinweise für die sichere Planung von Bauvorhaben bei der Verlegung von Versorgungsnetzen – einschließlich eines Hinweises auf den Umgang mit dem Thema ‚Kampfmittel‘ finden Sie in der Broschüre des Bundesministerium für Digitales und Verkehr  >>>.

Weiter Publikationen zum Thema Sicherheit und Qualität beim Netzausbaufinden Sie hier >>>

 

Pflichten der Beteiligten

Bauherr / AuftraggeberAusführendeBauunternehmer
… ist verantwortlich für die Kampfmittelfreiheit
des Baugrundstücks.
… haben die Pflicht zur Feststellung der Kampfmittelfreiheit durch die zuständige Stelle gemäß jeweiliger Landesvorgabe. Dies sollte aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.… dürfen die Bauarbeiten erst aufnehmen, wenn ihnen bei einem öffentlichen Bauauftrag eine Bestätigung nach ATV DIN 18299, Abschnitt 0.1.18 VOB/C vorliegt. Dies kann im Regelfall nur durch eine autorisierte Fachstelle/-behörde bzw. ein autorisiertes Fachunternehmen vorgenommen werden.
… ist verpflichtet vor Baubeginn im Zuge der Genehmigungsplanung – entsprechende regelgerechte Untersuchungen zur Belastung des Baubereichs mit Kampfmitteln zu veranlassen. Die Durchführung jeglicher Erkundungsarbeiten nach Kampf-
mitteln ist nur speziell geschulten und zugelassenen Fachunternehmen nach § 7 und § 20 Sprengstoff-
gesetz gestattet.
… sind im Rahmen ihrer Leistungserbringung ver-
pflichtet, ein gefahrloses Bauen zu ermöglichen und deshalb den Prozess bis zur Feststellung der Kampfmittelfreiheit aktiv zu steuern.

… haben durch rechtzeitige Abklärung
sicherzustellen, dass der Baubereich nicht durch Kampfmittel belastet ist.
Im Falle der Nichtvorlage einer ordnungsgemäßen Kampfmittelfreiheitsbestätigung sollte unverzüglich eine Bedenkenanzeige gem. § 4 Abs. 3 VOB/B und eine Behinderungsanzeige gem. § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VOB/B an den Auftraggeber schriftlich übermittelt werden.
Die Anforderungen für die Feststellung und Bestätigung der Kampfmittelfreiheit richten sich nach den jeweiligen gesetzlichen bzw. behördlichen Vorgaben der 16 Bundesländer.Im Falle des Vermutens bzw. Antreffens von Kampfmitteln sind unverzüglich die Bauarbeiten einzustellen. Weiterhin sind unverzüglich eine Bedenkenanzeige gem. § 4 Abs. 3 VOB/B und eine Behinderungsanzeige gem. § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VOB/B schriftlich an den Auftraggeber zu übermitteln.
… trägt im Regelfall die Kosten für
Kampfmittelerkundung und
Sicherungsmaßnahmen.
Die Durchführung von jeglichen Erkundungsarbeiten nach Kampfmitteln ist nur speziell geschulten und zugelassenen Fachunternehmen nach § 7 und § 20 Sprengstoffgesetz gestattet. Dies gilt insbesondere auch für die Ausführung von Sondierungsbohrungen als Hilfsleistung im Rahmen der
Kampfmittelerkundung.
Die Kosten für die Räumung und Beseitigung von erkundeten bzw. aufgefundenen Kampfmitteln trägt im Regelfall die öffentliche Hand.Eine Aufklärungs- und Hinweispflicht bezüglich der Gefahren aus Kampfmitteln besteht gegenüber den auf der Baustelle tätigen Unternehmen/Personen immer dann, wenn mehrere Unternehmen bzw. unterschiedliche Gewerke (z. B. Hochbaugewerke) parallel oder nacheinander auf der Baustelle arbeiten.Unternehmer müssen sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren für die Beschäftigten unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abstimmen. Sie müssen sich vergewissern, dass die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die auf der Baustelle tätig werden, hinsichtlich dieser Gefahren angemessene Anweisungen erhalten haben.
Grundsätzlich besteht eine Aufklärungs- und Unterweisungspflicht hinsichtlich der von Kampfmitteln ausgehenden Gefahren gegenüber allen eigenen Mitarbeitern, die auf der Baustelle tätig sind (§§ 4; 12 ArbSchG). Diese Unterweisung ist entsprechend zu dokumentieren.
Werden im Zuge der Baumaßnahme Kampfmittel angetroffen, bzw. ergibt sich die Vermutung, dass Kampfmittel vorhanden sind, ist unverzüglich eine schriftliche Anordnung zur Baueinstellung zu treffen. Sicherungsmaßnahmen sind zu veranlassen.

Welche Verordnung und Regeln greifen?

  • Arbeitsschutzrechtliche und berufsgenossenschaftliche Regelungen (DGUV)
  • Vergaberechtliche Vorgaben für öffentliche Auftraggeber
  • Vergaberechtliche Vorgaben und Besonderheiten für private Auftraggeber
  • Zivilrechtliche Vorgaben
  • Vertragliche Regelungen durch Vereinbarung der VOB/B und VOB/C
  • Kampfmittelerkundung und Kampfmittelräumung